Wider besseres Wissen haben die Abgeordneten der Großen Koalition heute für Fracking in Sandstein gestimmt!

„Dieses Gesetz, dass das Fracking in konventionellen Lagerstätten erlaubt,
wird große Teile Schleswig-Holsteins – und damit uns, unsere Kinder und
unsere Enkel – dieser umstrittenen Fördertechnologie und den teils
unabsehbaren, teils aber schon belegten Gefahren, die auch das Fracking
in konventionellen Lagerstätten unweigerlich mit sich bringt, preisgeben.“

Zitat aus dem Offener Brief der Piratenpartei SH

Unsere Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager schließt sich der Pressemitteilung der Verbände an:

Gemeinsame Pressemitteilung von DNR, BUND, Campact, DUH, Robin Wood, Umweltinstitut München, Power Shift, Food & Water Europe, Bürgerinitiative lebenswertes Korbach

Große Koalition verabschiedet Fracking-Gesetzespaket

Umweltverbände erwarten lokalen Widerstand bei Wiederaufnahme von Sandstein-Fracking

Berlin, 24.06.2016. Der Deutsche Bundestag hat heute mit den Stimmen von Union und SPD ein Fracking-Gesetzespaket verabschiedet. Aus Sicht des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR) mit seinen Mitgliedsorganisationen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact und Robin Wood sowie weiterer Umweltorganisationen, darunter Deutsche Umwelthilfe (DUH), Umweltinstitut München, PowerShift, Food & Water Europe und die Bürgerinitiative lebenswertes Korbach, versäumt die Große Koalition damit die Etablierung eines umfassenden gesetzlichen Fracking-Verbots. Dennoch stellen die Regelungen eine Verschärfung des Genehmigungsrechts für Fracking-Vorhaben dar, die vor allem durch den breiten Widerstand der Zivilgesellschaft gegen den Einsatz dieser Risikotechnik erwirkt wurde.

Angesichts des großen öffentlichen Drucks für ein Fracking-Verbot haben die Abgeordneten von Union und SPD den ursprünglichen Referentenentwurf verschärft und ein faktisches Verbot für Fracking in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein beschlossen. Allerdings sollen mit Zustimmung der jeweiligen Bundesländer vier Fracking-Probevorhaben in diesen Gesteinsformationen möglich sein. Zudem soll das Verbot schon 2021 erneut durch den Deutschen Bundestag überprüft werden.

Fracking in dichtem Sandstein, sogenanntes Tight-Gas-Fracking, wird hingegen explizit erlaubt und wäre selbst in „Natura 2000“-Gebieten möglich. Wesentliche Reformen des Bundesberggesetzes bleiben aus, so dass die Rohstoffgewinnung weiterhin Vorzug vor anderen öffentlichen Interessen hat. Durch die Einführung einer UVP-Pflicht für Fracking-Vorhaben werden immerhin Beteiligungsrechte für betroffene Bürger*innen und Gemeinden geschaffen. Die absehbare Beendigung des seit fünf Jahren bestehenden Fracking-Moratoriums wird zu erheblichem lokalen Widerstand führen, der durch diese Beteiligungsrechte im Genehmigungsverfahren neues Gewicht bekommt.

Mit der Schaffung des Kunstbegriffs „konventionelles Fracking“ suggeriert die Große Koalition sogar, dass Fracking in Sandstein weniger gefährlich sei, da es schon seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland praktiziert wird. Erdbeben, Boden- und Grundwasserverunreinigungen sowie eine erhöhte Zahl von Krebserkrankungen in deutschen Erdgasfördergebieten deuten allerdings auf das Gegenteil hin.Diese Gefahren gehen vom Einsatz der Fracking-Technik an sich aus und nicht von der Lagerstätte oder dem Gesteinshorizont, in denen sie eingesetzt wird.

„Umweltschutzorganisationen haben seit Jahren auf die Gefahren von Fracking hingewiesen und ein generelles Verbot gefordert. Das heute beschlossene Gesetzespaket ist ein erster Schritt in diese Richtung, nun müssen weitere Schritte folgen. Nur ein komplettes Fracking-Verbot schafft umfassenden Schutz von Mensch und Natur vor den Gefahren dieser Technik“, erklärte DNR-Präsident Prof. Dr. Kai Niebert. „Auch um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen, braucht es ein klares Verbot jeder Art des Erdöl- und Erdgasfrackings. Statt durch Tight-Gas-Fracking weitere fossile Energieträger zu erschließen, muss die Bundesregierung die Energiewende konsequent und entschlossen umsetzen. Das Gebot der Stunde heißt Energie einsparen, Effizienz steigern, und erneuerbare Energien naturverträglich ausbauen.“

Pressemitteilung der Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg:

24.06.2016
Fracking-Gesetz schadet Mensch und Umwelt
Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg fordert ausnahmsloses
Fracking-Verbot

Am heutigen Freitag hat die Mehrheit der Regierungsfraktionen
im Deutschen Bundestag das Fracking-Gesetzpaket verabschiedet.
Damit ist diese risikoreiche und gefährliche Technik
zur Öl- und Gasförderung allerdings nicht – wie vielfach
suggeriert – verboten. Vielmehr ist Fracking jetzt in bestimmten
Lagerstätten sogar ausdrücklich erlaubt. Hamburger
Fracking-Kritiker bezeichnen das Gesetz als Mogelpackung,
weil mit ihm weiterhin alle Risiken des Fracking – von Trinkwasser-
Verschmutzungen über Erdbeben und Gefährdung
der menschlichen Gesundheit bis hin zum beschleunigten Klimawandel
– in den Wind geschlagen werden.
Mit dem neuen Gesetz wird – von einigen Ausnahmen abgesehen
– das so genannte „unkonventionelle Fracking“ zunächst verboten.
Gemeint ist damit das Aufbrechen von Schiefer-, Ton-, Mergel- und
Kohleflözgesteinen mit einer eingepressten
Wasser-Sand-Chemikalien-Mischung. Mit dem
Kunstbegriff vom „konventionellen Fracking“, einer Erfindung
der Wirtschaftsminister Gabriel und Lies (beide SPD), haben
es die Fracking-Befürworter aber geschafft, insbesondere das
Fracking im dichten Sandstein – Tight Gas und Tight Öl – nun
ausdrücklich als genehmigungsfähig zu deklarieren. Dabei
übergehen sie geflissentlich, dass nicht nur die Bundesbehörde
für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), sondern
selbst die Gas-Industrie die Tight-Lagerstätten als unkonventionell
bezeichnen.
Die Risiken und Gefahren der Fracking-Technik bestehen
aber unabhängig von der Gesteinsart, aus der Öl und/oder
Gas gefördert werden sollen. Eine Unterscheidung in „gutes“
konventionelles und „gefährlicheres“ unkonventionelles
Fracking ist daher nichts als politisch motivierte Augenwischerei.
„Es liegt auf der Hand, dass diese Wortklauberei lediglich
einen wirtschaftlichen und keinerlei wissenschaftlichen
Hintergrund hat: Sie ist maßgeschneidert für Niedersachsen,
wo bekanntlich das meiste Erdgas gefördert wird – und zwar
aus dichtem Sandstein“, erklärt Dr. Dietmar Goetz, Geologe
in der BI FFH, und ergänzt: „Mit der Fracking-Technik können
sowohl Erdgas als auch Erdöl aus verschiedenen Formationen
– z. B. Schiefer, Sandstein oder auch Kohleflözgesteinen
– gewonnen werden. Die damit verbundenen Risiken und
Gefahren sind allerdings immer die Selben, weil die Technik
des Aufbrechens immer die Selbe ist.“

Das Fracking zur Förderung von Tight-Gas bzw. -Öl, jetzt verbrämt
als „gutes Fracking“, hat in Norddeutschland in den
letzten Jahrzehnten an die 370 Mal stattgefunden. In Niedersachsen
hat die Erdgasförderung nachweislich bereits mehrfach
zu Kontaminationen von Grundwasser und Böden und
zu Erdbeben geführt. Darüber hinaus gibt ein neuerdings gehäuftes
Auftreten von typischen Krebserkrankungen auch in
deutschen Erdgas-Fördergebieten Anlass zu allerhöchster
Besorgnis – eine Entwicklung, die bereits in den Frac-Gebieten
der USA auffällig geworden ist. Günter Pagels von der BI
FFH bilanziert: „Statt jetzt im Schatten von Brexit und Fußball-
EM ein Gesetz zu erlassen, um weitere fossile Brennstoffe
mit Fracking aus dem Boden zu holen und damit die Gesundheit
der Menschen zu gefährden und den Klimawandel
weiter anzuheizen, müssen wir schleunigst die Energiewende
voranbringen, Energie-Effizienz steigern und Maßnahmen ergreifen,
um die in Paris beschlossenen Klimaziele zu erreichen.“

Das Fracking-Rechtsänderungspaket war im April 2015 von
Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) vorgelegt
worden. Nach kurzer, heftiger Debatte scheiterte die geplante
Verabschiedung des Gesetzes und der Entwurf landete
im Juli 2015 bei den Fraktionsspitzen der Regierungsfraktionen,
Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD).
Dort verweilte er, scheinbar unbearbeitet, bis letzte Woche.
Am Mittwoch letzter Woche trumpfte die Öl- und Gasindustrie
bei der Jahresversammlung ihres Verbandes BVEG (Bundesverband
Erdgas, Erdöl und Geothermie e. V.) auf und kündigte
an, Fracking-Vorhaben, die sich in der Pipeline stauten, zur
Not „mit der Brechstange“ durchsetzen zu wollen. Eiligst wurde
die Abstimmung über das Fracking-Rechtsänderungspaket
am letzten Dienstag als Zusatzpunkt auf die Tagesordnung
des Bundestagsplenums gesetzt. Und erst gestern,
einen Tag vor der Abstimmung, lag das revidierte Änderungspaket
den Abgeordneten vor, die heute abgestimmt und damit
grünes Licht für Fracking gegeben haben.

Fracking zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas wird Umfragen
zufolge von rund vier Fünfteln der bundesdeutschen Bevölkerung
abgelehnt. Der Vorstoß, das Gesetzpaket jetzt im
Hauruck-Verfahren noch schnell vor der Sommerpause vom
Stapel zu lassen, hatte einen Sturm der Entrüstung bei den
Fracking-Kritikern ausgelöst. Die BI FFH hatte zuletzt in offenen
Briefen an die beiden Bundestagsabgeordneten des
Wahlkreises Hamburg-Süd, Dr. Herlind Gundelach und Metin
Hakverdi, appelliert, dieses Fracking-Gesetz heute im Bundestag
abzulehnen. Umweltverbände und Bürgerinitiativen
fordern seit Jahren ein uneingeschränktes Fracking-Verbot
für fossile Brennstoffe und haben bereits Widerstand gegen
kommende Frac-Vorhaben angekündigt.