Der Widerstand gegen die Pläne zur Erdölförderung und Fracking geht weiter
-Mitteilung zu den Urteilen des Verwaltungsgerichtes Schleswig-

Nachdem im Jahr 2013 die Gemeinden in Schleswig-Holstein erst aus der Presse erfahren hatten, wenn auf ihrem Gebiet bergrechtliche Genehmigungen zum Aufsuchen und Fördern von Öl erteilt wurden, hat der Druck der Bürgerinitiativen dazu geführt, dass inzwischen die Gemeinden Stellungnahmen im Verfahren abgeben können. Die Landesregierung sieht dies als „freiwillige“ Beteiligung an.
Wir wollen aber mehr: Nämlich die frühzeitige verbindliche Beteiligung der Gemeinden an bergrechtlichen Verfahren, also der Erdöl-Aufsuchungerlaubniss-Vergabe an Firmen.
Dafür haben Dr. Reinhard Knof, der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager (als Einzelkläger) und die Bürgermeister von Stein, Brodersdorf, Prasdorf und Bosau vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig gestritten!
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Zusammenhang mit Probebohrungen in den Kreisen Ostholstein und Plön abgewiesen.
Alle Kläger gehen mit der formaljuristischen Begründung nicht konform.
Denn in NRW wird jeder Antrag mit Namen, Fläche, Ort etc. für jedermann frei zugänglich im Internet veröffentlicht. Ebenso in Hessen; dort ist die Beteiligung der Gemeinden als zuständige Behörden im Erlaubnisverfahren selbstverständliche Praxis!
Das lässt die Frage zu: Sind wir hier ein Land 2. Klasse?
Der Bürgermeister von Stein schien verwundert über die gefühlte Parteinahme des Richters. „Das tut unserer Demokratie nicht gut“, so Dieterich.
Das sieht die Staatssekretärin Dr. Ingrid Nestle ganz anders, in einem Gespräch mit der früheren Vorsitzenden, Karin Petersen, nur rund 90 Minuten nach der mündlichen Urteilsverkündung brachte sie es auf den Punkt: „Wer die Unabhängigkeit der Gerichte in Frage stellt, stellt die Demokratie in Frage.“

Der Widerstand gegen die Pläne der Landesregierung zur Erdölförderung in Schleswig-Holstein wird auch weiterhin ungebrochen fortbestehen. Gerade bildet sich im Feld „Schwedeneck-See“ eine neue Bürgerinitiative. Damit sind in allen erteilten, derzeit aufgegebenen und neu beantragten Feldern Bürgerinitiativen aktiv.

 

Hintergrund:
Am 15.10.2015 hat das Verwaltungsgericht zwei Klagen abgewiesen, mit denen eine frühzeitige verbindliche Beteiligung der Gemeinden an bergrechtlichen Verfahren in Schleswig-Holstein und die Aufhebung der Bewilligung für das Feld „Prasdorf“ erreicht werden sollten. Bei den zahlreichen Zuschauern entwickelte sich während der Prozesse, aber insbesondere durch die anschließenden Begründungen durch den Vorsitzenden Richter Dr. Martensen der Eindruck eines politisch motivierten Vorgehens.
2013 wurden in Schleswig-Holstein insgesamt 12 Erlaubnisse und Bewilligungen durch das LBEG (Bergamt) vergeben, ohne dass die Gemeinden beteiligt wurden. Erst auf Druck der Bürgerinitiativen werden inzwischen in neuen Verfahren die Gemeinden angehört, aber auch weiterhin ausdrücklich nicht in ihrer Funktion als betroffene Behörden, obwohl der Leitsatz des Urteils des BVerwG (BVerwG, 15.10.1998, 4 B 94/98) dies ausdrücklich vorschreibt: „Zu den Behörden, zu deren Aufgaben die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 11 Nr. 10 BBergG gehört und denen deshalb gemäß § 15 BBergG vor der Entscheidung über die Verleihung einer Bergbauberechtigung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist, gehört auch die Gemeinde, insbesondere im Hinblick auf die Belange des Städtebaus.“ Auch die Bundesregierung hat am 03.09.2014 auf eine Kleine Anfrage zu diesem Thema geantwortet: „Die Bundesregierung beabsichtigt keine Änderungen in der ersten Stufe des bergrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Nach höchstrichterlicher Auslegung sind die betroffenen Kommunen bereits jetzt an dem Verfahren zu beteiligen, soweit ihre Belange betroffen sind.“
Der Eindruck eines politisch begründeten Urteils ergab sich auch aus den Aussagen des Vorsitzenden Richter, Dr. Martensen, der in der mündlichen Urteilsbegründung zum Verfahren 6 A 18/15 an Dr. Knof gerichtet ausführte:
„Ihr landesweites Engagement sorgt für politische Verwirrung und Iihre Darlegungen für mehr oder weniger Unruhe. Deshalb haben wir den Termin auch so frühzeitig anberaumt, um in die ganze Thematik ein bisschen Ruhe rein zu bekommen.“

In der mündlichen Urteilsbegründung zum Verfahren 6 A 94/15 sagte Dr. Martensen:
„Die Transparenzoffensive von Herrn Dr. Habeck ist doch nur zu begrüßen und stellt doch die Beteiligung der Gemeinden sicher,“ obwohl bei der „Beteiligung“ der Gemeinden im beantragten Erlaubnisfeld „Leezen“ folgender Verschwiegenheitshinweis fett gedruckt enthalten war: „ Auf die Pflicht zur Verschwiegenheit in laufenden Verwaltungsverfahren weise ich hin, da die Unterlagen Betriebsgeheimnisse beinhalten, deren Bekanntgabe zu Schadensersatzforderungen führen kann.“ Die Bevölkerung, ja selbst die normalen Gemeindevertreter sollen nichts erfahren.
Zudem wurde gerade erst ein Gutachten veröffentlicht, das Schleswig-Holstein hinsichtlich Transparenz unter allen untersuchten Bundesländern den letzten Platz im Landtag bescheinigt.

Schließlich irritierte Dr. Martensen seine Zuhörerinnen und Zuhörer mit den Worten: „Es mag ja sein, dass es Gemeinden gibt, die gegen Erdölförderung und Fracking sind. Wie verhält es sich denn mit der Tatsache, dass Sie alle mit einem Auto hier sind, das ja Erdöl für das Benzin braucht.“ Genauso argumentierte auf zahlreichen Veranstaltungen auch Minister Dr. Habeck, übrigens ebenso der Entwicklungschef der Dea AG, Dr. Bücker, in seinem Vortrag in Welt am 20.07.2015.

Link Land NRW: >>> HIER <<<
Dr. Reinhard Knof
Vorsitzender der BI Kein CO2-Endlager e.V.