Nehmten & Berlin, den 31. Juli 2024

Offener Brief

Betreff: Machen Sie Ihre Gemeinde zu einer CCS-freien Zone – zusammen mit Verbänden und Initiativen gegen eine CO2-Verpressung in der Nordsee


Sehr geehrte/r NN,

mit großer Sorge betrachten wir die Pläne der Bundesregierung, einer weiteren industriellen Nutzung der Nordsee und der Küstenregion stattzugeben: Der Deponierung von CO2 im Boden der Nordsee.

Dieses als Carbon Capture and Storage (CCS) bekannte Verfahren ist eine kaum erforschte, mit großen potentiellen Risiken behaftete, energieintensive, unsichere und teure (Risiko)technologie, die keine Emissionen vermeidet, sondern im Gegenteil in der Industrie und Energiewirtschaft langfristig den Einsatz von Erdgas und Öl erlaubt.

Der aktuelle Entwurf der Novelle des Kohlenstoffspeicher-Gesetzes ermöglicht den Einsatz von CCS für alle Industrien. Dazu gehören Gaskraftwerke oder die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas. Die chemische Industrie will mit CCS die Produktion von fossilen Düngemitteln oder Einwegplastik weiter steigern. Und auch die Verbände der Hersteller von Stahl, Glas, Papier und Kalk interessieren sich für CCS.

Hinzu kommt, dass CCS in großem Maßstab bisher unerprobt ist. Weltweit gibt es lediglich eine Handvoll CCS-Offshore-Projekte, die fast alle in Verbindung mit der Förderung von Erdöl und Erdgas stehen und zusätzliche Emissionen verursachen. Eine Verpressung von industriellem CO2, gemischt aus verschiedenen Quellen, findet noch nirgendwo im Meer statt. Und doch plant die Bundesregierung, genau dies in der deutschen Nordsee durchzuführen.

Das CO2 aus Industriestandorten in NRW, Bayern und Baden-Württemberg, aber auch aus der Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen soll durch ein 5.000 km langes Kohlendioxid-Pipelinenetz Richtung Nordsee transportiert, über Offshore-Pipelines zu Verpressungs-Plattformen geleitet und letztendlich unter dem Meeresboden deponiert werden. Der CO2-Transport durch Meeresschutzgebiete soll erlaubt werden. Das Weltnaturerbe Wattenmeer ist direkt bedroht.

Die Endlagerung von CO2 ist eine gefährliche Scheinlösung, die die dringend notwendige CO2-Reduktion weiter in die Zukunft zu Lasten zukünftiger Generationen verschiebt und die schon stark übernutzte Nordsee weiter beeinträchtigt. Bei einem Endlagerzeitraum von tausenden Jahren kann nicht gewährleistet werden, dass das CO2-Schadstoff-Gemisch nicht wieder austritt und damit die Klimakrise weiter anheizt, sowie Meeresschutzgebiete und Trinkwasservorkommen in Norddeutschland gefährdet.

Dabei ist die CCS-Technik deutlich teurer als der Ausbau erneuerbarer Energien und anderer, echter Klimalösungen. Durch hohe staatliche Subventionen wird CCS zur Konkurrenz für Erneuerbare, bremst deren Wachstum und führt zu höheren Preisen für Endverbraucher und -verbraucherinnen sowie Handel, Gewerbe und Industrie.

Hinzu kommt eine noch nicht in vollem Ausmaß abschätzbare industrielle Infrastruktur für Transport und Umsetzung der Technologie, die Küstenbewohner, Fischerei und vor allem auch eine der bedeutendsten Einnahmequellen Ihrer Regionen, den Tourismus, erheblich beeinträchtigen wird.

Die Nordsee und ihre Küstengemeinden müssen Mensch und Natur erhalten bleiben, und dürfen nicht zur CO2-Deponie verkommen. Wir wünschen uns lebendige, saubere und unbelastete Küsten und Küstengemeinden, die nicht durch CO2-Endlager und CO2-Pipelines weiter belastet werden. Viele Gemeinden und engagierte Menschen an der Küste haben bereits vor gut 15 Jahren CCS und Fracking in und an der Nordsee abwehren können. Erneut möchten wir gemeinsam stark werden gegen diese bedrohlichen Entwicklungen.

Machen Sie Ihre Gemeinde zu einer CCS-freien Zone!

Wappnen Sie sich gegen die vagen und nie erfüllten Versprechen von CCS. Stärken Sie echte Klimalösungen, die auf erneuerbaren Energien und Energieeffizienz beruhen, die Ressourcen sparen und schädliche Produktionen reduzieren. Fördern Sie auch den natürlichen Klimaschutz, denn dieser funktioniert von der ersten Stunde, verlangsamt das Artensterben, die Verschmutzungs- und Wasserkrise und erhöht die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden.

Anbei haben wir einige Informationen zu CCS, den aktuellen politischen Entscheidungen und den notwendigen Alternativen für Sie zusammengefasst.

Gerne würden wir uns mit Ihnen austauschen und freuen uns über eine Rückmeldung Ihrerseits. Außerdem bitten wir Sie, den Brief und die Informationen an die jeweiligen Gemeinderäte und Stadtverordnetenversammlungen weiterzugeben.

Es grüßen Sie die unterzeichnenden Organisationen:


BUND – Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz – Deutsche Umwelthilfe –  NABU Wilhelmshaven – Power Shift – BI „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ – BI gegen CO2-Endlager Für Nachfragen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Reinhard Knof                                                                                                                        
BI gegen CO2-Endlager e.V.     
E-Mail: reinhard_knof@hotmail.com