Sehr geehrter Herr Dr. Habeck,
die Evaluation des Kohlendioxidspeichergesetzes ist laut Gesetz bis Ende 2022 vorgeschrieben. Wir wundern uns sehr , dass wir bisher keine Einladung zum Dialog erhalten haben, obwohl wir die maßgebliche Umweltorganisation sind, die seit 2009 den Widerstand gegen die CCS-Technik anführt. Stattdessen nehmen wir mit Erstaunen wahr, dass Ihr Wirtschaftsministerium ohne die gesetzlich vorgeschriebene Evaluation Fördergelder für den Einsatz der CCS-Technik zur Verfügung stellt. Wie Sie aus eigener Erfahrung in Schleswig-Holstein bei der Planung der Stromtrassen wissen, führt nur der Dialog mit der betroffenen Zivilgesellschaft zu Akzeptanz und einer erfolgreichen Umsetzung von Projekten. Mit Ihrem Versäumnis, die Zivilgesellschaft angemessen zu beteiligen, schaden Sie dem Miteinander und der Demokratie in Deutschland.
Laut Auskunft der Bundesregierung zur Verabschiedung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes regelt dieses:
- die Untersuchung des Untergrundes auf seine Eignung zur dauerhaften Speicherung,
- die Errichtung und den Betrieb des Kohlendioxidspeichers,
- die Stilllegung und die Nachsorge des Kohlendioxidspeichers,
- die Übertragung auf die öffentliche Hand nach Ablauf einer 30jährigen Frist.
Inwieweit CCS eines Tages tatsächlich kommerziell und großtechnisch zur Anwendung kommen kann, hängt vom Erfolg der Demonstrationsprojekte ab.
Da es in Deutschland kein einziges Demonstrationsprojekt auf der Basis des Kohlendioxidspeichergesetzes gegeben hat, verbietet sich diese Technik für unser Land. Wenn Sie offizielle Aussagen der Bundesregierung und ihre früheren eigenen Aussagen ernst nehmen, kann es nur einen vollständigen Stopp von allen Projekten geben, die Kohlendioxid abscheiden sollen, um dieses dann als Abfall unter dem Untergrund zu entsorgen. Die Pläne zur Entsorgung dieses Abfallproduktes im Ausland oder in der Nordsee halten wir für unverantwortlich!
CCS (Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid im Untergrund) ist sehr energieaufwendig. Bei Kraftwerken mit CCS-Technik wird allein ca.1/3 der erzeugten Energie für das Abscheiden, Transport und Verpressen des Kohlendioxids benötigt. Der erforderliche Stahl für die Anlagen und die Gasleitungen zum Transport benötigt sehr viel Energie und verursacht eine hohe Klimabelastung.
CCS ist zudem eine gescheiterte Technik. Der Europäische Rechnungshof fasste das Scheitern von CCS in der EU 2018 in seinem Bericht Großkommerzielle Demonstration von CO2-Abscheidung und -Speicherung und innovativen Technologien für erneuerbare Energien in der EU: Die für die letzten zehn Jahre geplanten Fortschritte wurden nicht erzielt zusammen. Die vielen Milliarden Euro an Subventionen wären für die Energiewende besser angelegt gewesen.
Laut einer Untersuchung der Organisation Global Witness emittierte die Kohlendioxidabscheideanlage “Quest” in Alberta in Kanada im Eigentum der Firma Shell seit 2015 7,5 Mio. t Kohlendioxid und schied in der selben Zeit nur 5 Mio. t Kohlendioxid ab. Auch andere Projekte, wie in Australien, haben die gesteckten Ziele weit verfehlt, da ein großer Anteil des Kohlendioxid weiterhin in die Atmosphäre entweicht.
Sie mögen sich zwar einreden oder einreden lassen, dass CCS eine Lösung für die Klimakrise sei, aber das ist nachweislich nicht der Fall.
Das Klima lässt sich nicht belügen!
Im Jahr 2009 sollte CCS die Verstromung von Braunkohle auf Jahrzehnte absichern. Jetzt soll mit CCS die Nutzung von Erdgas langfristig festgeschrieben werden. Es geht nicht um schwer vermeidbare industrielle Kohlendioxidemissionen, sondern um ein Festhalten am fossilen Wirtschaftsmodell. Sie wiederholen die Fehler der Vergangenheit und setzen dabei auf den Industriezweig, der gemeinsam mit der Politik die derzeitige Energiekrise zu verantworten hat. Wenn Sie jetzt nicht konsequent die Energiewende vorantreiben und stattdessen weiterhin den Bau neuer fossiler Infrastruktur und damit den langfristigen Import von Erdgas zementieren, wird die Klimakatastrophe weiter angeheizt werden.
Der UN-Generalsekretär Guterres bezeichnet Personen, die weiterhin in fossile Infrastruktur investieren, als gefährliche Radikale, die moralischen und wirtschaftlichen Wahnsinn begehen.
Herr Dr. Habeck, stoppen Sie den Wahnsinn und lassen Sie es nicht zu, dass mit CCS das nächste Endlagerproblem geschaffen wird. Sorgen Sie stattdessen dafür, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die „Freiheitsenergien“ genauso konsequent vorangetrieben wird wie z.Zt. der dann unnötige Ausbau der LNG-Infrastruktur.
Mit freundlichen Grüßen im Namen des Vorstandes
Dr. Reinhard Knof, 1. Vorsitzender