Exploration im Feld Sterup soll weiter vorangetrieben werden

 

Die öffentliche Veranstaltung auf dem Scheersberg zu den geplanten Untersuchungen durch die Firma Central Anglia AS im Aufsuchungsfeld Sterup begann nach Begrüßung und Einführung durch den Landrat Dr. Buschmann und dem Grußwort des Amtsvorstehers Johannsen mit dem Eingeständnis von Minister Habeck, dass er sich auch nach dreieinhalb Jahren teilweise heftiger öffentlicher Kritik und zahlreicher Erlasse nicht gegenüber dem Bergamt (LBEG) durchsetzen kann. Als Beweis dafür verteilte er den neuesten Antrag der Central Anglia AS vom 25.04.2016, die das Bergamt erneut über einen Monat geheim gehalten hat.

 

Dieser Änderungs- und Verlängerungsantrag lässt die schlimmsten Befürchtungen wahr werden, sollte er genehmigt werden. War im ursprünglichen Hauptbetriebsplan noch eine hochauflösende 3D-Seismik geplant, mit der der an Verwerfungen reiche Untergrund untersucht werden sollte, wird mangels ausreichender finanzieller Mittel nach erfolgloser Ausschreibung (SLN, S. 11 vom 22.10.2015) jetzt beantragt, mit einer unzureichenden 2D-Seismik auskommen zu dürfen. Damit ist aber keine saubere Feststellung der Schichtgrenzen möglich, so dass bereits in der Aufsuchungsphase wirtschaftliche Interessen vor Sicherheit gestellt werden sollen. Eine auf einer 2D-Seismik beruhende Planung einer Erkundungsbohrung erlaubt nur einen direkten Blick nach unten, liefert nur einen Bruchteil der Daten einer 3D-Seismik und kann in den oberen, die wasserführenden Trinkwasserschichten umfassenden 500 m einer Bohrung, etwaige tektonische Störungen, wie Spalten, Klüfte, Risse und und Migrationspfade für Erdöl und Lagerstättenwasser im Untergrund nicht identifizieren. (https://www.dea-group.com/de/technologie/exploration/seismik). Das ist aber gerade im Feld Sterup zwingend notwendig, wie Frau Rosenbaum (LLUR) anhand der Dissertation von Lehné aus dem Jahr 2005 darlegte. Im Feld Sterup befinden sich die größten Bodenbewegungspotentiale von Schleswig-Holstein, insbesondere im Süden und Osten direkt um den Salzstock herum. Welche Folgen eine Bohrung oder das Verpressen von Lagerstättenwasser hervorrufen könnte, führte Frau Lohstöter von der Bürgerinitiative „Angeliter Bohren Nach“ nachdrücklich aus. Die Gefährdung des Grundwassers, Erdbeben, Luftverschmutzung und weitere negative Effekte sind zu erwarten, sollte es zur Erdölförderung im Feld Sterup kommen. Dr. Hennings vom regionalen Wasserbeschaffungsverband teilte ausdrücklich die Sorgen um sichere Trinkwasserversorgung.

Herr Windhaus (LBEG) stellte klar, dass nach Fertigstellung der Bohrung keine Beteiligung der regionalen Behörden mehr erfolgen würde. Was auch immer mit diesem Bohrloch anschließend geschehen würde, ob Öl gefördert, Heißdampf, Kohlendioxid oder Lagerstättenwasser verpresst würde bzw. trotz derzeitiger, allerdings rechtlich irrelevanter Beteuerungen später doch gefrackt werden sollte, wie es bereits mindestens 54 Mal in Schleswig-Holstein in vergleichbaren Gesteinsformationen zur Ölförderung erfolgte, würde dann nur noch zwischen Bergamt und Unternehmen ausgehandelt werden.

 

Interessant wurde es in der Diskussion, als Minister Habeck die Ölförderung in Schleswig-Holstein aus moralischen Gründen verteidigte und den Vorschlag der Umstellung der Wärmeversorgung und des Verkehrs auf fossilfreie Energieträger als „politisch nicht durchsetzbar“ beiseite wischte. Dabei hat Dänemark seit diesem Jahr bereits jegliche Neuinstallation von Gas- und Ölheizungen verboten (http://www.sunwindenergy.com/news/denmark-prohibits-oil-and-gas-heaters), ohne dass es dazu besonderer politischer Durchsetzungsbemühungen bedurft hätte. In Norwegen und den Niederlanden sind Gesetze auf dem Weg, mit denen erreicht werden soll, dass ab 2025 nur noch emissionsfreie Neufahrzeuge zugelassen werden sollen. Eine Energiewende weg von der Ölförderung hin zu einer postfossilen Zukunft ist politisch durchsetzbar, es fehlt nur am Willen. Während selbst die Familie Rockefeller und Saudi-Arabien erkannt haben, dass über 80% der bekannten und vermuteten fossilen Energieträger im Boden bleiben müssen, sollen in Schleswig-Holstein bisher unbekannte, neue Quellen aufgesucht und erschlossen werden. Frau Lohstöter fragte Minister Habeck, wie sich die Ölförderung in Schleswig-Holstein mit dem Pariser Klimaschutzabkommen vereinbaren ließe. Für Minister Habeck wird das Abkommen erst relevant, wenn es in nationales Recht gegossen wurde. Dabei hat  jüngst das BVerwG in seiner Entscheidung vom 5.9.2015 (7 C 21.12) die Aarhus Konvention vom 25.6.1998 angewandt, obwohl diese bisher weder in deutsches noch in europäisches Recht übernommen worden ist. Die letzte Frage des Abends stellte ein Jugendlicher, der von Minister Habeck wissen wollte, warum er die Verantwortlichen des Bergamts nicht bereits nach deren erster Ignorierung seiner Erlasse zur Verantwortung gezogen hat, und bekam eine lange, aber wenig erhellende Antwort.

 

Über 300 Zuhörer waren an diesem Abend gekommen, auch um den Widerstand des Kreises und der Gemeinden gegen die Ölförderpläne zu unterstützen. Der Wille der Gemeinden, keine Straßen für die Seismik zur Verfügung zu stellen, gemeinsam mit der Weigerung der Grundeigentümer, allen voran der Evangelischen Kirche, wird mit dem Widerstand der Bevölkerung verhindern, dass die Pläne der Central Anglia AS Erfolg haben werden. Da weder die Kommunen noch die Grundeigentümer vor der Erteilung der Erlaubnis beteiligt wurden, dürfte eine möglicherweise eingeplante Enteignung ausgeschlossen sein. Wie ernst die Central Anglia AS inzwischen den Widerstand vor Ort einschätzt zeigt sich auch daran, dass mit der Verteilung eines Flyers an die Bevölkerung begonnen wurde, um diese zu „informieren“. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Desinformationskampagne, wie an einer besonders einfach zu durchschauenden Falschbehauptung aufgezeigt werden kann. Unter Punkt 5 werden „gesetzlich vorgeschriebene großen Mindestabstandsregeln“ für Bohrungen behauptet, obwohl es solche nicht gibt und erst vor wenigen Jahren in Mecklenburg nur rund 200 Meter neben dem Dorf Saal eine Bohr- und Frackinganlage gebaut und betrieben wurde. Diese großen Mindestabstände für Bohrungen gäbe es für Windräder angeblich nicht, behauptet Central Anglia im selben Satz, obwohl in Schleswig-Holstein ein Mindestabstand von 800 Metern zu Siedlungen vorgeschrieben ist. Desinformation, Verheimlichung von Anträgen und finanziellen Hintermännern haben den Widerstand im Feld Sterup erst groß werden lassen. Die von Landrat Dr. Buschmann dankenswerter Weise organisierte Informationsveranstaltung dürfte vielen Menschen in Angeln die Augen noch ein Stück weiter geöffnet haben.

 

Dr. Reinhard Knof                                                                                                     01.06.2016