Stellungnahme zur Unterrichtung des Bundestags durch die Bundesregierung zum           13.05.2019

Evaluierungsbericht der Bundesregierung über die Anwendung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes sowie die Erfahrungen zur CCS-Technologie

Drucksache 19/ 6891
19. Wahlperiode
21.12.2018

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

der von der Bundesregierung vorgelegte Bericht weist erhebliche Mängel auf, auf die wir Sie mit einigen Beispielen hinweisen möchte.

Unter 1.2 Einführung in die erfassten Technologien wird behauptet, dass die Entfernung von CO2 mittels Aminwäsche eine erprobte Technologie sei. Das gilt jedoch nur für Abscheidungraten von bis zu ca. 90%, nicht jedoch für die benötigten 95% für eine klimawirksame Reduktion, die mit einem wesentlich höheren Energie- und Kostenaufwand verbunden wären. Darüber hinaus legt der Bericht nicht dar, für welche industriellen Prozesse die Aminwäsche geeignet ist. Gerade auf den von der Industrie verursachten Kohlendioxidemissionen soll aber der Schwerpunkt des zukünftigen CCS-Einsatzes liegen.

Unter 1.4 Gesellschaftliche Akzeptanzfrage wird die Behauptung aufgestellt, dass der zunehmende Klimawandel die Akzeptanz von CCS erhöhen könnte. Diese Annahme ist falsch. Gerade die Erkenntnis, dass der Klimawandel vorangeschritten ist und die derzeitigen Akteure in Industrie und Politik sich als unfähig erwiesen haben, effektive Maßnahmen zu ergreifen, lässt die Akzeptanz für den weiteren Einsatz fossiler Energieträger, sei es mit oder ohne CCS, weiter deutlich sinken. Dies ist auch dadurch belegt, dass Erdgas, das von den Umweltverbänden vor 10 Jahren noch als mögliche Übergangsenergieform angesehen wurde, inzwischen ebenfalls massiv in die Kritik geraten ist.

Beim Thema 3.2 Transport verweist die Bundesregierung auf eine angeblich funktionierende CO2-Pipelineerfahrung über 40 Jahre. Tatsächlich ist die Unfallrate von CO2-Pipelines etwa doppelt so hoch (https://hub.globalccsinstitute.com/publications/co2-liquid-logistics-shipping-concept-llsc-safety-health-and-environment-she-report/3-2), wie die von Erdgaspipelines, obwohl bisher überwiegend CO2 aus natürlichen Quellen transportiert wurde, das weniger korrosiv ist, als von Kraftwerken oder Industrieprozessen abgeschiedenes CO2. Der Transport von CO2 per Pipeline stößt keinesfalls auf die Zustimmung der Bevölkerung und wird von der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager satzungsgemäß abgelehnt.

Beim Thema 3.3.4 Speicherung in gelöster Form macht die Bundesregierung keine Angaben zu den Mengen, die bei Lösung von CO2 in Wasser in den Untergrund zu verbringen wären. Die Löslichkeit von CO2 liegt bei 20°C bei nur knapp 1,7g/l, es wäre also rund das 590fache an Flüssigkeit in den Untergrund zu verpressen, wenn nicht das reine CO2, sondern in Wasser gelöstes CO2 in den Untergrund verbracht würde. Dieser Wert könnte noch gesenkt werden, wenn das CO2 bereits oberirdisch unter Druck im Wasser gelöst würde. Die ohnehin gewaltigen Mengen an CO2, die mit CCS in den Untergrund zu verbringen wären, würden jedoch durch ein derartiges Verfahren um das Hundertfache höhere Flüssigkeitsmengen benötigen.

Das Experiment in Ketzin ist als Beispiel für die industrielle CO2-Endlagerung ungeeignet. Die ohnehin geringen Mengen von ca. 60.000 t CO2 bestanden aus reinem CO2 und wurden als Gasphase in den Untergrund eingebracht, nicht jedoch als überkritische Phase, wie es für industrielle Endlager notwendig wäre. Daher lässt sich aus diesem kleinen Kurzzeitexperiment keine Aussage zu den damit zu vergleichenden CO2-Endlagern von 100 Mio t CO2 treffen.

Ich halte es deshalb für geboten, dass der Bundestag die Bundesregierung auffordert, einen inhaltlich korrekten und aussagekräftigen Bericht vorzulegen. Dieser muss insbesondere auch anderweitige Reduktionsmöglichkeiten, z. B. Technologiewandel und alternative Produkte umfassen. Darüber hinaus ist der Stand der Technik, insbesondere bei der für einen effektiven Klimaschutz notwendigen Abscheidungsrate des CO2 von ca. 95% für unterschiedliche industrielle Prozesse zu beschreiben. Ein Vergleich der Kosten für CCS und regenerative Alternativen wäre darüber hinaus ebenfalls notwendig, um CCS einordnen zu können.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Reinhard Knof – Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V.
Ulla Weiß – Mitglied des Geschäftsführenden Vorstand des BBU
Dr. Christfried Lenz BI – Saubere Umwelt und Energie Altmark